Portrait des Kulturagenten Thomas Kümmel

17. Oktober 2012
Kulturagent Thomas Kümmel

Kunst, Theater und Musik im ländlichen Raum

Im Interview beschreibt der Thüringer Kulturagent Thomas Kümmel wie er Kulturagent wurde, welche Rolle kulturelle Bildung im ländlichen Raum spielt und was die gemeinsame künstlerische Arbeit an Schulen bewirken kann.

 

Thomas Kümmel, Sie haben in ihrer beruflichen Laufbahn in ganz unterschiedlichen Bereichen gearbeitet. Warum sind Sie Kulturagent geworden?

Thomas Kümmel: Ich muss sagen, dass mich der Modellcharakter des Programms „Kulturagenten für kreative Schulen“ mit dem damit einhergehenden großen eigenen Gestaltungsspielraum sehr gereizt hat. Aus meiner vorherigen Zusammenarbeit mit Schulen wusste ich, wie schwer es im laufenden Schulbetrieb oftmals fällt, sich künstlerischen Projektkonzeptionen und -anträgen zu widmen, d.h. langfristig und kontinuierlich an diesen zu arbeiten. Nach langjähriger Arbeit für die Zoologischen Sammlungen der Martin-Luther-Universität Halle sowie einem Studium der Malerei/Grafik an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle war ich über viele Jahre – neben meiner anschließenden freiberuflichen Tätigkeit als künstlerischer Fotograf und Gestalter – weiterhin für letztere tätig und habe so unter anderem über sechs Jahre lang die hochschuleigene Galerie projektleitend betreut. Die Öffentlichkeitsarbeit für Künstlerinnen  und Künstlern und Kultureinrichtungen wurde dabei nahezu von selbst zu meinem zweiten professionellen Arbeitsfeld.

 

Beschreiben Sie einmal Ihren Kulturagenten-Alltag: Wie sieht dieser aus?

Mein Arbeitsalltag gestaltet sich nach dem ersten Jahr des Programms noch immer äußerst abwechslungsreich. Viel Zeit fließt nach wie vor in Gespräche, in die gemeinsame Ideenfindung und -konzeption von künstlerischen Projekten, in die Kontaktpflege auf unterschiedlichsten Ebenen sowie in das Zusammenbringen von möglichen Kulturpartnern. Dabei zeitlich flexibel zu sein und sehr kurzfristig reagieren zu können, sind von großer Relevanz für den Erfolg meiner Arbeit. Vielfach braucht es im Fortgang dann nur noch die entscheidenden Gedankenanstöße, um aufzuzeigen, was möglich ist.

 

Erzählen Sie uns etwas über Ihre drei Schulen im Nordwesten Thüringens: An welchen drei Schulen arbeiten Sie und was zeichnet diese Schulen aus?

Ich betreue als Kulturagent die Gemeinschaftsschule Rodeberg, die Gemeinschaftsschule „Dünwaldschule“ Hüpstedt sowie die Regelschule Menteroda, allesamt im Unstrut-Hainich-Kreis gelegen. Den drei Schulen ist gemein, dass sie trotz ihres Standortes im ländlichen Raum – und mit nicht unerheblichem Abstand zu den großen kulturellen Ballungszentren Thüringens – allesamt die Chance ergriffen haben, ihren Schülerinnen und Schüler durch das Kulturagenten-Programm mehr Zugänge zu Kunst und Kultur zu eröffnen. Die feste Verankerung in der Region hat hier einen hohen Stellenwert. Nicht alle Angebote lassen sich jedoch an die Schule holen. Insofern stellt sich sehr häufig die Frage nach deren genereller Erreichbarkeit. Der Gedanke, dass diese Erreichbarkeit im Netzwerkverbund noch besser gelingen könnte, bricht sich dabei langsam, aber stetig Bahn.

 

Ein wesentliches Ziel des Programms ist die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Kultureinrichtungen. Mit welchen Kulturinstitutionen bzw. Künstlerinnen und Künstlern arbeiten ihre Nordthüringer Schulen zusammen und in welchen Sparten setzen Sie die Schwerpunkte?

Als Kulturagent versuche ich, für die an den Schulen geborenen Rohideen die bestmöglichen Partner zu finden bzw. aus meiner Außensicht heraus passende Vorschläge zu machen. Feste und langfristige Kooperationen mit Kulturpartnern sind derzeit im Entstehen. Das Thema Nachhaltigkeit, also Verstetigung von kulturellen Angeboten, ist dabei immer wieder ein zentrales Anliegen, das wir mit den jeweiligen Partnern bereits im Vorfeld intensiv diskutieren und auch bei der Durchführung von gemeinsamen Projekten stets begleitend mitdenken und reflektieren.

Die künstlerischen Projekte im nächsten halben Jahr haben ihre Schwerpunkte in den Bereichen Bildende Kunst, Musik und Theater. So werden beispielsweise Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Hüpstedt zusammen mit dem Theaterpädagogen Matthias Seidel von der 3K Theaterwerkstatt in Mühlhausen ein Hörspiel erarbeiten. Die neuen Fünftklässler der Regelschule Menteroda kommen durch den Jungen Zirkus Zappelini aus Nordhausen in Kontakt mit dem „Manegenzauber“, und Schülerinnen und Schüler der 7. bis 10. Klasse werden in den Künstlerwerkstätten Erfurt ihre malerischen und grafischen Entwürfe in Emaille umsetzen. Außerdem wird ein eintägiger Workshop mit den zwei Profi-Musikern Joseph Parsons aus den USA und Freddi Lubitz aus den Niederlanden die Schülerinnen und Schüler interaktiv mit dem Thema „Songwriting“ vertraut machen. Im Januar 2013 erhalten schließlich Schülerinnen und Schüler des Kurses „Darstellen und Gestalten“ die Möglichkeit, gemeinsam mit der Schülertheatergruppe „Hainlightner“ der Regelschule Wolkramshausen zusammenzuarbeiten, die 2011 den Thüringer Schultheaterpreis an ihre Schule holen konnte.

 

Sie entwickeln derzeit gemeinsam mit den Schulen einen sogenannten „Kulturfahrplan“: Wo möchten Sie und ihre drei Schulen in drei Jahren stehen?

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lässt sich dazu noch nicht allzu viel Konkretes vermelden, denn die Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer haben gerade erst ihre Visionen, d.h. ihre Wunschvorstellungen und Träume zu mehr Kunst und Kultur an ihren Schulen formuliert. Eines steht jedoch bereits fest: Die Vielfalt und Qualität der Angebote wird sich noch einmal stark erhöhen. Eine ebenso große Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch der Wunsch, mehr Freiräume für künstlerische Aktivitäten an den Schulen zu schaffen.

 

Wo sehen Sie in diesem Kontext Ihre Arbeitsschwerpunkte und Herausforderungen?

Für mich wird zunehmend deutlich, wie sich durch eine wachsende Offenheit in der Zusammenarbeit auch die Schwerpunkte meiner eigenen Beratungs- und Unterstützungstätigkeit verändern. Stand am Anfang eindeutig das Erkunden, Kennenlernen und Ausloten möglicher Stärken und Kompetenzen an den Schulen im Vordergrund, so sind mittlerweile aus zahlreichen, zum Teil auch nur vagen ersten Vorstellungen konkrete Projekte erwachsen.

 

Was war bisher Ihr schönstes Kulturagenten-Erlebnis, bzw. was hat Sie bisher am meisten beeindruckt?

Ich muss zuallererst sagen, dass mich die von Anfang an große Neugier sowie die konzentrierte und ausdauernde Arbeit der Schülerinnen und Schüler in den künstlerischen Projekten wirklich begeistert. Zudem freue ich mich über das zunehmende Engagement in den Kollegien und habe dafür hohen Respekt. In ganz besonderer Weise hat mich z.B. beeindruckt, in welch unerwartet großem Ausmaß das Startprojekt „Ein Logo für unsere Schule“ an der Gemeinschaftsschule Rodeberg alle Lehrerinnen und Lehrer und Schülerinnen und Schüler auf ein Ziel eingeschworen hat und auch Monate nach Abschluss noch immer für positiven Gesprächsstoff sorgt.

 

Zur Person:

Nach langjähriger Tätigkeit für die Zoologischen Sammlungen der Martin-Luther-Universität Halle sowie einem Studium der Malerei/Grafik an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle ist Thomas Kümmel seit 2003 freiberuflich als künstlerischer Fotograf tätig. In dieser Zeit hat er bereits mehrere Schulprojekte konzipiert und umgesetzt, wie u.a. das Projekt „Netzspinnerei“ gemeinsam mit der Levana-Schule Eisleben – Förderschule für Geistigbehinderte, das im Jahr 2010 mit dem Karl-Miescher-Preis für innovative Ideen zum Umgang mit Farbe im vorschulischen und schulischen Unterricht ausgezeichnet wurde. Als Mittler zwischen den Welten betreut er darüber hinaus seit Jahren Künstlerinnen und Künstler und Kultureinrichtungen in allen Belangen der Öffentlichkeitsarbeit. Thomas Kümmel ist Kulturagent in Thüringen und begleitet die Staatliche Gemeinschaftsschule „Dünwaldschule“ Hüpstedt, Staatliche Gemeinschaftsschule Rodeberg und die Staatliche Regelschule Menteroda.

 

Kontakt: thomas.kuemmel@kulturagenten-programm.de


Kontakt

  • Landesstelle "Kulturagenten für kreative Schulen Thüringen"
  • Landesvereinigung kulturelle Jugendbildung Thüringen e.V.
  • Sarah Hertam, Leitung
  • Anger 10
  • 99084 Erfurt