Wie Kunst und Kultur den Schulalltag verändern

24. Januar 2013
Uta Schunk

Uta Schunk arbeitet als Kulturagentin im Schulnetzwerk Erfurt–Stadt. Zu den Schulen gehören die Friedrich-Ebert-Schule, die Thomas-Mann-Schule sowie die Kooperative Gesamtschule "Am Schwemmbach". Alle drei Schulen haben sich die intensivere Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur auf die Agenda geschrieben. Dafür wird diskutiert, gerungen und immer wieder hinterfragt, wie die Teilhabe aller Schülerinnen und Schüler an künstlerisch-kreativen Prozessen erhöht und Räume für die aktive Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur geschaffen werden können. Das ist nicht immer leicht, aber die Arbeit lohnt sich, wie Uta Schunk berichtet.

 

Von Uta Schunk

Nach eineinhalb Jahren blickt das Netzwerk Erfurt-Stadt bereits auf eine Vielzahl unterschiedlicher kultureller Projekte, Aktivitäten und Vorhaben. Dabei konnten sich insbesondere Beziehungen zum Theater Erfurt, zur Kulturdirektion der Stadt, zum Angermuseum, zum „Atelier uferlos“ sowie zu vielen Kunst- und Kulturschaffenden der Region aufbauen. Als ein Beispiel seien die Erfurter Künstlerwerkstätten genannt, in denen bereits sechs Projekte durchgeführt werden konnten. Hier wird das kooperative Miteinander selbstverständlich umgesetzt. Im Rahmen des Modellprogramms „Kulturagenten für kreative Schulen“ wurde die Vereinbarung getroffen, dass die Klassen und Lerngruppen aller Thüringer Netzwerkschulen das Großraumatelier sowie die Räumlichkeiten der Erfurter Künstlerwerkstätten mietfrei nutzen dürfen. „Das Arbeitsambiente im Großraumatelier ist ein anderes als in der Schule“, betonte die Leiterin Grit Becher erst kürzlich in einer von Schülerinnen und Schülern der Friedrich-Ebert-Schule erarbeiteten Sendung des Bürgerradios FUNKWERK. Kinder und Jugendliche haben dort viel Platz, sich kreativ und künstlerisch zu entfalten. Sie werden an einem Ort tätig, an dem sonst professionelle Künstlerinnen und Künstler tätig sind. Der Arbeitsprozess ist nicht auf 45 Minuten begrenzt und die sonst so strukturierte Lernsituation wird zu Gunsten eines komplexen gestalterischen Schaffensprozesses aufgebrochen.

Kulturfahrpläne der Schule

Auf die Erfurter Museen möchte die Thomas-Mann-Schule demnächst verstärkt im Rahmen eines an die Reformationsdekade angelehnten Projekts zugehen, das die gesamte Schülerschaft einbeziehen soll. Das geplante Vorhaben soll in der multikulturellen Schule der Beginn der Umsetzung des Kulturfahrplans sein, den die Schulen im Rahmen des Modellprogramms „Kulturagenten für kreative Schulen“ erarbeiten.

In der Friedrich-Ebert-Schule und der Kooperativen Gesamtschule „Am Schwemmbach" stehen zwar die übergeordneten kulturellen Ziele bereits fest, z.B. die Einführung der fest im Unterricht verankerten Theaterarbeit oder der regelmäßige Besuch von Künstlerinnen und Künstlern in der Schule. Jedoch befinden sich diese Ziele derzeit noch im Entwicklungsprozess. Dabei werden sowohl Projektinhalte diskutiert als auch immer wieder hinterfragt, inwiefern die Interessen von Schülerschaft, Lehrerkollegium und von allen anderen am Schulalltag Beteiligten berücksichtigt werden. Die Schulen spüren in der konzeptionellen und aktiven Projektarbeit, dass es mitunter nicht immer einfach ist, kulturelle Bewegungen eigenständig aus dem Schulleben heraus zu entwickeln.

„Mit Ecken und Kanten“

Dass in den Schulen die Erarbeitung des Kulturfahrplans vorankommt ist und bereits viele spartenübergreifende Projekte in den Schulalltag integriert wurden, zeigt, dass die drei Erfurter Schulen im Programm angekommen sind und die Bereitschaft zeigen, sich Prozessen „Mit Ecken und Kanten“ zu öffnen. Ein Beispiel dafür ist das gleichnamige Netzwerk-Projekt, dessen Ergebnisse nun in der Erfurter Rathaus Etage II ausgestellt werden. Noch bis zum 3. Februar 2013 wird den Jugendlichen auf der Bürgermeisteretage die Möglichkeit gegeben, ihre Fotos, Skulpturen, Baumodelle und Bilder einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Zu sehen sind beispielsweise die Objektkunst und Fotos der Schülerinnen und Schüler der Thomas-Mann-Schule. Zudem werden Druckgrafiken aus dem Projekt „Exkursion Faust“ der Friedrich-Ebert-Schule und Fotografien des Projekts „Von schrägen und noch ganz anderen Vögeln“ der Thomas-Mann-Schule gezeigt. Hier arbeiteten 80 Schülerinnen und Schüler von Klassenstufe 6 bis 8 gemeinsam mit der Holzbildhauerin Anja Perniß, der Keramikkünstlerin Susanne Worschech sowie der Bühnen- und Kostümbildnerin Coco Ruch. Die Kooperative Gesamtschule „Am Schwemmbach“ wiederum stellt in der Ausstellung Collagen aus dem Projekt „KULT-im-auf-BAU“ aus. Die in Zusammenarbeit mit der Collagekünstlerin Kati Münter entstandenen kulturellen Forschungsergebnisse wurden dafür noch einmal abfotografiert und auf Dibond-Hintergründe aufgezogen. Ebenso hängen Fotos eines Modellbauprojekts einer 9. Klasse aus. Die Schülerinnen und Schüler begaben sich zur „Bau(m)planung“ in die Künstlerkooperation mit dem Architekten und Szene-Künstler Kai Siegel, um Miniaturplattformen für ihre Schulhofbäume zu entwickeln und zu gestalten.

Die gesamte Ausstellung, begonnen von der Auswahl des Materials über die Vergabe von Bildtiteln, die Rahmung, Hängung bis hin zur Formatentwicklung und einem dazugehörigen Postkartenwettbewerb, wurde von den Schülerinnen und Schülern der Friedrich-Ebert-Schule gemeinsam mit den Museumspädagogen Constanze Fuckel und Thomas von Taschitzki vom Angermuseum kuratiert.

Kunst und Kultur verändern den Schulalltag

Im Verlauf des ersten Kulturagentenjahres konnten meine drei Schulen beobachten, wie Kunst und Kultur den Schulalltag verändern können. Die Schulen beginnen nun, Kunst verstärkt als Medium der Auseinandersetzung und der Persönlichkeitsbildung zu begreifen. Über Kunst wird in den Schulen seither stärker diskutiert. Und so sagte der Kulturbeauftragte der Kooperativen Gesamtschule „Am Schwemmbach“, Gunter Michauck, dass ein künstlerisches Ergebnis auch einmal kritisch beäugt wird, dass es jedoch noch nie eine solche Debatte um künstlerische Qualität sowie Sinn und Zweck von künstlerischen Projekten in seiner Schule gab.

 

Zur Person:

Uta Schunk studierte für das Lehramt Deutsch und Kunst an Regelschulen und absolvierte außerdem eine Spielleiterausbildung zur Unterrichtsbefähigung des Wahlpflichtfaches Darstellen und Gestalten. Ihre künstlerische Praxis erstreckt sich auf verschiedene künstlerische Techniken und Strategien (sowohl grafische, malerische als auch plastische Arbeiten) in enger Verbindung mit der Anwendung im Unterricht. Außerdem konzentriert sich ihre Arbeit auf die Planung, Vorbereitung und Durchführung von künstlerischen Konzepten und Projekten, in die oft performatives Handeln und Darstellendes Spiel als Präsentationsmethode einfließen. Ferner war sie von 2009 bis 2011 Fachberaterin für Kunst an Regelschulen und wirkte bei der Weiterentwicklung des Lehrplanes Kunst in Thüringen mit. Uta Schunk ist Kulturagentin der Erfurter Friedrich-Ebert-Schule, der Thomas-Mann-Schule sowie der Kooperativen Gesamtschule „Am Schwemmbach“.

Kontakt: uta.schunk@kulturagenten-programm.de


Kontakt

  • Landesstelle "Kulturagenten für kreative Schulen Thüringen"
  • Landesvereinigung kulturelle Jugendbildung Thüringen e.V.
  • Sarah Hertam, Leitung
  • Anger 10
  • 99084 Erfurt