Portrait der Berliner Kulturagentin Friederike Holländer

18. Oktober 2012
Kulturagentin Friederike Holländer

Kunst und Schule und mittendrin eine Kulturagentin

„Was passiert, wenn Kunst und Schule zusammentreffen?“ Die Berlinerin Friederike Holländer ist Kulturagentin in Berlin Schöneberg. Im Interview beschreibt sie ihre Mehrfachrolle als Organisatorin, Moderatorin, Motivatorin, Problemlösungsstrategin, Entwicklerin und Vermittlerin von Inhalten und warum sie genau dies als Kulturagentin wollte …

 

Friederike Holländer, warum sind Sie Kulturagentin geworden und was haben Sie vorher gemacht?

Friederike Holländer: In meiner Bewerbung habe ich vor etwa eineinhalb Jahren geschrieben: „Ich möchte Kulturagentin werden, weil mir diese Position die Weiterführung meiner bisherigen engagierten Projektarbeit – mit dem Schwerpunkt Architektur, Architekturvermittlung, Museumspädagogik – unter kontinuierlicheren Rahmenbedingungen erlaubt ... Meine bisherige Mehrfachrolle als Organisatorin, Moderatorin, Motivatorin, Problemlösungsstrategin, Entwicklerin und Vermittlerin von Inhalten hat mir die Sinnfälligkeit der Einbindung in ein Netzwerk und der Trennung von Funktionen bewusst gemacht. Als Kulturagentin habe ich die Möglichkeit, als Ansprechpartnerin und Vermittlerin zwischen Kulturinstitution, Künstler und Schule Projekte zu entwickeln, zu begleiten und durch die Übernahme von Verantwortung Prozesse zu beschleunigen und zu vereinfachen.“ Ich bemühe mich, diesen damals formulierten Anspruch umzusetzen und stelle heute fest, dass die Tätigkeit als Kulturagentin tatsächlich große Ähnlichkeiten mit der beschriebenen „Mehrfachrolle“ hat.

 

Beschreiben Sie Ihren Kulturagenten-Alltag: Wie sieht dieser aus?

Mein „Kulturagenten-Alltag“ hat viel mit Kommunikation zu tun. Der Schwerpunkt meiner Arbeit konzentrierte sich im ersten Jahr auf die Zusammenarbeit mit den Kulturbeauftragten an meinen drei Netzwerkschulen sowie die Entwicklung einer funktionierenden Arbeitsstruktur. Zurzeit schließen wir die Projekte aus dem letzten Schuljahr ab, schreiben Sachberichte, fertigen Excel-Tabellen an ... Gleichzeitig denken wir über Kriterien nach, nach denen die Projekte evaluiert werden können, erstellen Terminpläne, bereiten einen „Runden Tisch Kultur“ oder ein Treffen mit den Lehrerinnen und Lehrern vor, die mit ihren Klassen an dem neuen Kunstgeldprojekt teilnehmen. Außerdem stellen wir einen Leitfaden für Projektbeteiligte zusammen und arbeiten am Kulturfahrplan. Einen kleineren Teil meiner Arbeit nahmen im ersten Jahr der persönliche Kontakt mit den Künstlerinnen und Künstlern und eigenes kreatives Arbeiten ein.

 

An welchen drei Schulen arbeiten Sie und was zeichnet diese drei Schulen aus?

Ich arbeite an drei unterschiedlichen Schulen: einer Grundschule, einer Sekundarschule und einem Gymnasium. Entsprechend der jeweiligen Schulform treffe ich dabei auf ganz unterschiedliche Voraussetzungen. Auch wenn es eine Art von „Familienähnlichkeit“ gibt – wie die räumliche Nähe, vergleichbare Schülerklientel, ähnliche Schulbauten – ist jede Schule sozusagen eine eigene, unverwechselbare Gesamtpersönlichkeit.

 

Welche Projekte stehen derzeit in den drei Schulen an? Wo setzen Sie dabei ihre Schwerpunkte?

In allen drei Schulen sind für das kommende Schuljahr so genannte „Forschungsprojekte“ geplant. Die Teltow-Grundschule und die Gustav-Langenscheidt-Schule widmen sich dem Thema „Reise“. Dabei geht es in beiden Schulen darum, möglichst viele Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer einzubeziehen und ihnen die Möglichkeit zu geben, die „Reiseroute“ mitzubestimmen. Im Robert-Blum-Gymnasium werden sich die 7. und 8. Klassen des Profils Kultur im Rahmen des Projekts „Exploration 5.0“ mit einer eigenen Forschungsfrage befragen, die durch die Veranstaltung „Jump und Run“ im HAU inspiriert wurde: Was passiert, wenn Kunst und Schule zusammentreffen?

 

Mit welchen Kulturinstitutionen bzw. Künstlern und Künstlerinnenarbeiten Sie zusammen?

Im ersten Jahr waren an insgesamt zwölf Projekten vier Schauspielerinnen und Schauspielern, fünf Bildhauerinnen und Bildhauer, neun Musikerinnen und Musiker, ein Fotograf und eine Regisseurin beteiligt. Es gab eine Zusammenarbeit mit der Berliner Global Music Academy und dem Theater Strahl. Aktuell in diesem Schuljahr dazugekommen sind Projekte mit der Tanztangente sowie ein Projekt mit einem Künstler, der uns von Mijke Harmsen vom Hebbel am Ufer (HAU) vermittelt wurde. Diese Zusammenarbeit ist ein erster Schritt zu einer angestrebten Kooperation zwischen dem Robert-Blum-Gymnasium und dem HAU. Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Schulen und Künstlerinnen und Künstlern bzw. Kulturinstitutionen ist die Kommunikation im Vorfeld sehr wichtig. Hier gilt es, unterschiedliche Zeitstrukturen aufeinander abzustimmen und die Balance zwischen pädagogischem und künstlerischem Anspruch gemeinsam auszuloten.

 

Sie entwickeln derzeit gemeinsam mit den Schulen einen sogenannten Kulturfahrplan: Wo möchten Sie und ihre drei Schulen in drei Jahren stehen und was sind die konkreten Ziele?

Wir sind dabei, eine Art „zweite Erhebungsphase“ unter Einbeziehung der Erfahrungen aus dem ersten Programmjahr durchzuführen. Auf der Basis dieser Recherche formulieren wir Ziele – zunächst im Zusammenhang mit den aktuellen Projekten und dann im nächsten Schritt bezogen auf einen längeren Zeitraum und mit einem umfassenderen Blick auf die Entwicklung des jeweiligen kulturellen Profils jeder Schule. Es zeichnen sich dabei nach dem ersten Jahr Tendenzen ab, aber um konkrete Ziele zu benennen, ist es noch zu früh. Die Entwicklung des Kulturfahrplans ist ein kontinuierlicher Prozess, an dem viele beteiligt sind und dessen Ergebnis sich nicht vorwegnehmen lässt.

 

Wo sehen Sie in diesem Kontext Ihre Arbeitsschwerpunkte bzw. Herausforderungen?

Meine Aufgabe ist es, die Ziele des Programms im Auge zu behalten und mit den Ideen und Entwicklungen in der Schule in Zusammenhang zu bringen. Die Herausforderung für mich besteht in der Komplexität der Anforderungen: da geht es gleichzeitig um ein Netzwerk aus drei Schulen, die Kooperation mit Künstlerinnen und Künstlern und Kulturinstitutionen, um einen fächerübergreifenden Ansatz von Projekten mit Bezug zum Unterricht, die Einbeziehung aller am Schulleben Beteiligten, um Öffentlichkeitsarbeit und die Akquise von Drittmitteln. Eine Erkenntnis des ersten Jahres war daher, dass es wichtig ist, Prioritäten zu setzen und Schwerpunkte zu definieren.

 

 

Zur Person:

Friederike Holländer studierte Architektur und war bis 2003 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Wohn- und Sozialbauten an der BTU Cottbus. Ihr Interesse am Experimentieren mit Themen aus Kunst, Architektur und Design führte zu einer Zusammenarbeit mit dem Bauhaus-Archiv/Museum für Gestaltung, für das sie seit 2009 im Rahmen des Projekts Bauhaus_RaumLabor – in Kooperation mit dem Pestalozzi-Fröbel-Haus – neue Vermittlungskonzepte für junge Zielgruppen entwickelte und realisierte. Friederike Holländer begleitet die Berliner Schulen Robert-Blum-Gymnasium, Gustav-Langenscheidt-Schule ISS und die Teltow Grundschule.

 

Kontakt: friederike.hollaender@kulturagenten-programm.de


Kontakt

  • Landesstelle "Kulturagenten für kreative Schulen Berlin"
  • Gemeinnützige Deutsche Kinder- und Jugendstiftung GmbH (DKJS), Regionalstelle Berlin
  • Manuela Kämmerer (Programmleitung) Christine Florack (Programmleitung)
  • Tempelhofer Ufer 11
  • 10963 Berlin
Tel
030 / 25 76 76 -609 // -604
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