Portrait der Kulturagentin Barbara Müller

15. Oktober 2012
Kulturagentin Barbara Müller

„Sich verändern, Neues erproben, ein kulturelles Profil schärfen“

Von Barbara Müller


Kultur und Bildung sind zwei Themen, die sich durch meine gesamte berufliche Laufbahn ziehen. Zunächst als Lehrerin für die Fächer Deutsch und Kunst, später dann in mehr als 20 Jahren als selbständige Regisseurin und Theaterpädagogin. Jugendlichen die Bildung einer persönlichen und kulturellen Identität zu ermöglichen, war seit jeher das Anliegen meiner eigenen kulturpädagogischen Arbeit. Meine Kompetenzen und Erfahrungen in diesem Bereich sind die besten Voraussetzungen für meine Tätigkeit als Kulturagentin.

Kein Arbeitstag gleicht dem anderen und das ist genau das Richtige für mich: vom Schreibtisch zur Schule, vom Kulturbüro zum Schreibtisch, vom Regionalen Bildungsbüro zum Atelier, vom Museum wieder zur Schule... Meinen Arbeitsalltag würde ich als sehr bewegt und abwechslungsreich beschreiben. Abwechslungsreich ist nicht nur der räumliche Aspekt meiner Arbeit, sondern auch die inhaltliche Seite, die von der Ideenentwicklung von Projekten bis zur konkreten Konzeption und Realisation reicht, die Kontaktaufnahme mit Künstlerinnen und Künstlern, die Betreuung laufender Projekte und Diskussionen über künstlerische und pädagogische Formate beinhaltet und auch eine gehörige Portion Verwaltung und Kalkulation mit sich bringt.

Wichtig ist mir bei allem, was ich als Kulturagentin tue, Dinge in meinem Schulnetzwerk in Bewegung zu setzen. Ich arbeite an drei Dortmunder Gesamtschulen, die bei aller Unterschiedlichkeit (Größe, Standort, Ausstattung etc.) eine nicht zu übersehende und bedeutsame Gemeinsamkeit aufweisen: Es sind Schulen in multikulturell geprägten Stadtteilen mit Schülerinnen und Schülern aus vielen verschiedenen Ländern.

Alle drei Schulen des Dortmunder Schulnetzwerkes haben den starken Wunsch, eine Kulturschule zu werden. Sie begeben sich damit zwar keineswegs auf völliges Neuland, da die Schulen alle bereits kulturelle Projekte verschiedenster Kunstgattungen initiiert haben, sie möchten aber mehr: ihrem Bewegungsdrang weiter nachgeben, sich verändern, Neues erproben, ihr kulturelles Profil schärfen. Alle drei Schulen möchten in den kommenden drei Jahren ein klares kulturelles Profil entwickeln, das auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Im Rahmen des Kulturagenten-Programms ergreifen sie nun die Chance, ihre kulturellen Aktivitäten stringenter zu verfolgen und zu bündeln, sich als Netzwerk zu etablieren und in der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Seit Beginn des Kulturagenten-Programms arbeiten wir mit verschiedenen Dortmunder Kulturinstitutionen zusammen, z.B. dem Museum Ostwall im Dortmunder U oder dem Ballett Dortmund. Darüber hinaus kooperieren wir mit freiberuflichen Dortmunder Künstlerinnen und Künstlern aus unterschiedlichsten Sparten: Design, Bildhauerei, darstellende und bildende Kunst, szenisches Schreiben, Hip-Hop, Musik, etc. Unser Wunsch ist es, das Netzwerk aus Schulen, Kulturinstitutionen und Künstlerinnen und Künstlern auszubauen und zu stärken.

Außer gegenseitigen Besuchen bei Festen und Feiern am Ende des letzten Schuljahres gab es bisher noch keine gemeinsamen Projekte der drei Netzwerkschulen. Das wird sich aber mit dem kommenden Schuljahr ändern, denn dann werden verstärkt gemeinsame Projekte initiiert und realisiert. Für das Schuljahr 2012/2013 haben wir uns im Netzwerk beispielsweise auf das Projektthema „Home, sweet home“ verständigt. Unter diesem Dach werden wir Projekte in den Sparten Foto, Text, Malerei, Theater, Musik und Architektur durchführen, die schulübergreifend die zentralen Fragen nach Herkunft und Heimat bearbeiten. Im Mittelpunkt steht dabei die erlebte Auseinandersetzung mit Identität und Herkunft, Wohnort und interkulturellem Leben sowie die aktive Suche und Entwicklung von persönlichen Lebensperspektiven. Im Vorfeld dieses schulübergreifenden Projektes habe ich Dortmunder Künstlerinnen und Künstlern und Kulturinstitutionen gebeten, Projektskizzen und -ideen zu entwickeln und vorzuschlagen. Dieser Projektkatalog diente den Schulen und interessierten Lehrerinnen und Lehrern als Anregung und Inspiration. Die vielfältigen Ergebnisse des schulübergreifenden Projektes „Home, sweet home“ werden im Sommer 2013 in den Schulen, den Stadtteilen und an weiteren Standorten in der Stadt als Ergebnisse des Kulturagenten-Schulnetzwerkes Dortmund präsentiert.

Was wir hierfür noch stemmen müssen, ist die Suche nach geeigneten Präsentations- und Aufführungsmöglichkeiten. Also suchen wir Räume außerhalb der Schulen: im öffentlichen Raum, in städtischen Räumen, in Leerräumen. Unterstützt werden wir dabei vom Kulturbüro der Stadt Dortmund. Die ultimative Herausforderung wird es jedoch sein, Projekte kultureller Bildung an den drei Schulen auch über das Ende der Programmlaufzeit hinaus aktiv zu gestalten und fortzuführen. Engagierte Lehrerinnen und Lehrer und Schulleiter reichen oftmals nicht aus, wenn die notwendigen finanziellen Mittel fehlen. Wie wir die gewünschte und sinnvolle Nachhaltigkeit des Programms verwirklichen können, ist derzeit noch mit einigen Fragezeichen versehen. Ein wichtiges Ziel meiner Arbeit als Kulturagentin ist es deshalb, dass sich das, was ich mit Kulturbeauftragten, Lehrerinnen und Lehrern, Steuergruppen, Schulleiterinnen und Schulleiter, Kulturinstitutionen, Künstlerinnen und Künstlern, dem Kulturbüro und dem Regionalen Bildungsbüro ins Rollen gebracht habe, im kulturellen Leben der Schulen und der Stadt verstetigt. Dafür müssen Strukturen aufgebaut werden, die für alle gewinnbringend und nachhaltig sind: ein tragfähiges und ausbaufähiges Netzwerk, nachhaltige Kooperationen mit Kulturinstitutionen, Nutzung unterschiedlicher Fördermöglichkeiten und eine Einbettung in das gesamtstädtische Konzept Kultureller Bildung.

„Wir tanzen in den Pausen“ – „Die Konferenzen beginnen mit kurzen Theaterstücken“ – „Unsere Schule ist ein Ort der Begegnung“: Das sind Zitate aus der Visionsarbeit mit Lehrerinnen und Lehrern meiner drei Dortmunder Gesamtschulen. Die Leidenschaft und Begeisterung, die Fantasie und Kreativität, die Einsatzbereitschaft und der Tatendrang meiner Mitstreiter und Kolleginnen und Kollegen an den Schulen faszinieren mich sehr: Lehrerinnen und Lehrer, die eine Vision von Schule als kulturellem Lernort haben und viel dafür tun, diese Vision wahr werden zu lassen; die gemeinsam mit mir Dinge in Bewegung bringen und Steine ins Rollen.

 

Zur Person:

Barbara Müller ist ausgebildete Lehrerin für Kunst und Deutsch und entwickelte schon während des Studiums für sich ein breitgefächertes Berufsfeld in der Darstellenden Kunst. Seit 1988 arbeitete sie freiberuflich als Schauspielerin, Regisseurin, Dozentin und Autorin im In- und Ausland. Sie konzipierte, organisierte und leitete als Theaterpädagogin und Projektleiterin zahlreiche Theaterprojekte für schulische, städtische und gemeinnützige Träger. Darüber hinaus übernimmt sie Lehraufträge, arbeitet in der Lehrerfortbildung und bildet Theaterpädagogen aus. Sie ist Mitglied im Verband Freie Darstellende Künste und im Beirat Kulturelle Bildung der Stadt Dortmund. Sie begleitet die drei Dortmunder Schulen Anne-Frank Gesamtschule, Europaschule Dortmund und die Martin-Luther-King-Gesamtschule.

Kontakt: barbara.mueller@kulturagenten-programm.de


Kontakt

  • Landesprogramm "Kulturagenten für kreative Schulen Nordrhein-Westfalen"
  • Arbeitsstelle "Kulturelle Bildung in Schule und Jugendarbeit NRW"
  • Küppelstein 34
  • 42857 Remscheid