Fachtag in NRW: „Den Künsten Räume geben“: Gute Zusammenarbeit als Basis für Erfolge

19. Dezember 2014
Foto: Wolf Sondermann
Beim Fachtag „Den Künsten Räume geben“ am 12. Dezember 2014 in der Akademie Remscheid haben Fachleute aus Schule und Kultur, darunter der Staatssekretär im nordrhein-westfälischen Schulministerium, Ludwig Hecke, beraten, wie erprobte Ansätze und Erfahrungen aus verschiedenen Bundes- und Landesinitiativen die Verankerung Kultureller Bildung an Schulen weiter voranbringen können.

„Künste gehören in die Mitte der Gesellschaft – und damit auch in die Schule“, erklärte Sybille Linke, Programmleitende Geschäftsführerin der Forum K&B GmbH und des Modellprogramms „Kulturagenten für kreative Schulen“ zum Auftakt. „Es ist es ein Unding, dass wir darüber reden müssen, dass Künsten Räume gegeben werden müssen – das sollte selbstverständlich sein!“. Doch damit Kulturelle Bildung in der Schule nicht nur zufällig gelinge, bräuchten die Schulen eine strukturelle Unterstützung: Dazu gehöre die Stärkung der künstlerischen Schulfächer ebenso wie Impulse von außen, wie sie beispielsweise von „Kulturagenten“ ausgehen können.

Verstetigung und Transfer

Das Modellprogramm „Kulturagenten für kreative Schulen“ ist auf die Zielgrade eingebogen: Ende 2015 endet die fünfjährige Projektlaufzeit. Bundesweit haben 46 Kulturagentinnen und Kulturagenten an 138 Schulen daran gearbeitet, Kulturelle Bildung im Schulleben zu verankern. In der Schlussphase gilt es nun zum einen, an den Programmschulen zu sichern und fortzusetzen, was sich dort in den letzten vier Jahren entwickelt hat. Deshalb suchen die beteiligten Bundesländer und Stiftungen derzeit nach Lösungen, die es den Kulturagent/innen ermöglichen sollen, ihre Arbeit im Rahmen neuer Strukturen fortzusetzen. Die Fortsetzung wird, wie beim Fachtag deutlich wurde, verstärkt eine regionale Aufgabe auf der Ebene der Länder und Kommunen sein.

Zum anderen soll das letzte Programmjahr intensiv genutzt werden, um den Erfahrungs- und Wissenstransfer über das Programm hinaus „in die Fläche“ zu organisieren. Beim Fachtag wurde mit diesem Transfer erfolgreich begonnen: Rund 150 Teilnehmer/innen, darunter zahlreiche Vertreter/innen von Schulen, (Jugend-)Kultureinrichtungen und Kommunen, verfolgten Vorträge und diskutierten in Arbeitsgruppen über Wege zur „Strukturellen Verankerung Kultureller Bildung an Schulen“. Ganz im Zeichen des Transfers fand die Veranstaltung in Kooperation des Kulturagenten-Landesbüros NRW und der MIXED UP Akademie, die beide bei der BKJ angesiedelt sind, sowie der Arbeitsstelle „Kulturelle Bildung in Schule und Jugendarbeit NRW“ und der Akademie Remscheid für Kulturelle Bildung statt, die ihre langjährigen Erfahrungen mit der Unterstützung von Kooperationen zwischen Kultur und Schule und Kultureller Schulentwicklung einbrachten. Unterstützt wurden Sie dabei vom Jugend- und vom Schulministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, von Forum K&B, der Kulturstiftung des Bundes und der Stiftung Mercator.

Eine neue Lern- und Schulkultur

BKJ-Geschäftsführer Tom Braun wies in seiner Begrüßung darauf hin, dass Remscheid mit den dort ansässigen Fachstrukturen ein idealer Veranstaltungsort sei: „Denn ausgehend von der Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen hier vor Ort hat die BKJ 2004 als erster jugendpolitsicher Verband Konzeptionen auf den Weg gebracht, wie durch die Kooperation von Kultur und Schule eine neue, kommunal verankerte Lernkultur entwickelt werden kann. Unter der wissenschaftlichen Leitung der BKJ sind hier auch das Modell einer Kulturschule und umfängliche Arbeiten der Praxisforschung zur Kulturellen Schulentwicklung entstanden.“ Nach zehn Jahren der Entwicklung sei klar: Um die Chancen aller Kinder- und Jugendlichen auf Teilhabe an Kultur und Bildung zu erhöhen, führe kein Weg an der Verankerung Kultureller Bildung im Kern von Schule vorbei, auch weil Ganztagsschulen inzwischen der zentrale Aufenthalts- und Lebensort vieler Kinder und Jugendlichen seien. Dabei müsse man jedoch kritische Stimmen ernst nehmen, die vor einer zunehmende „Institutionalisierung und Pädagogisierung des Aufwachsens“ warnen. Deshalb sei es so wichtig, sich für Freiräume in und mit den Schulen einzusetzen – „das heißt für eine neue Lern- und Schulkultur“.

Der Ehrenvorsitzende der BKJ, Prof. Dr. Max Fuchs, unterstrich in seinem Beitrag die Notwendigkeit, das vorhandene Wissen dorthin zu bringen, wo es gebraucht wird. Denn zwischen den 138 Kulturagenten-Schulen und den 36.000 Schulen in Deutschland „klafft noch eine kleine Lücke“, so Fuchs. Zwar gebe es, auch dank zahlreicher weiterer Ansätze zur Förderung Kultureller Bildung an und mit Schulen wie etwa dem Landesprogramm „Kultur und Schule“ in Nordrhein-Westfalen, „kaum noch Schulen, in denen überhaupt nichts stattfindet“. Doch oft seien sich die Akteure gar nicht bewusst, dass sie dabei seien, ein kulturelles Schulprofil zu entwickeln. Der Wissenstransfer könne deshalb unter anderem einen Beitrag dazu leisten, „ein systematisches Instrument zur Beschreibung dessen zu liefern, was man schon lange tut“, so Fuchs weiter.

Die folgende Punkte fassen, orientiert an den abschließenden Ausführungen von Prof. Dr. Max Fuchs, die wichtigsten Ergebnisse des Fachtags zusammen:

Kulturelle Schulentenwicklung braucht Zeit

Der Staatssekretär im Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW, Ludwig Hecke, wies darauf hin, dass es einen langen Atem brauche, um in der Schule etwas zu bewegen. Als Beispiel nannte er den Perspektivwechsel von der Lehrstoff- zur Kompetenzorientierung. Es gelte nicht nur die Lehrkräfte – beginnend mit einer veränderten Lehrerausbildung – von diesem Ansatz zu überzeugen, sondern auch die Eltern, die Schule selbst noch anders erlebt hätten.

In diesem Zusammenhang ist die relativ lange Laufzeit des Kulturagentenprogramms ein großes Plus – dies wurde mehrfach betont. So sagte die Direktorin der Akademie Remscheid für Kulturelle Bildung, Prof. Dr. Susanne Keuchel, in ihrem Vortrag, dass mangelnde Planungssicherheit und die vielfach üblichen jährlichen Antragszyklen eine große Hemmschwelle für die nachhaltige Etablierung von Kultur–Schule-Kooperationen seien.

Erfolg hat viele Mütter und Väter

Die Tagung verdeutlichte, dass der viel strapazierte Spruch von der „Begegnung auf Augenhöhe“ für eine erfolgreiche Zusammenarbeit von schulischen und außerschulischen Partnern nach wie vor gültig ist. Die Wirkung sei verheerend, wenn etwa außerschulische Akteure mit dem Gestus „Wir wissen wie Kulturelle Bildung geht“ in die Schulen gingen, sagte der BKJ-Vorsitzende Prof. Dr. Gerd Taube im Podiumsgespräch. Achtung für die Professionalität des Gegenübers, Empathie und gegenseitiges Verständnis seien enorm wichtig.

Einig war man sich außerdem, dass Kulturkooperationen und Kulturelle Schulentwicklung den Rückhalt und die Unterstützung der Schulleitung benötigen. Auch die im Kulturagentenprogramm erprobten innerschulischen Strukturen – ein Dreiklang aus Schulleitung, kulturbeauftragter Lehrperson und Steuerungsgruppe – habe sich sehr bewährt, betonte Sybille Linke.

Kommunale Gesamtkonzepte für Bildung und Kultur

Immer wieder wurde die zentrale Rolle der kommunalen Ebene hervorgehoben. Der u. a. vom Deutschen Städtetag propagierten kommunalen Bildungslandschaft dürfe allerdings kein zu enger Bildungsbegriff zugrunde liegen, so Max Fuchs. Das Ziel müssten kommunale Gesamtkonzepte sein, die Bildung und Kultur in sich vereinen. Gerade für Ganztagsschulen seien die Öffnung in den Sozialraum und der Bezug zur Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen von großer Bedeutung. Dazu gehöre auch der räumliche Wechsel, sagte Staatssekretär Hecke.

Brücken bauen zwischen den Systemen

Die Systeme „Kultur“, „Jugendarbeit“ und „Schule“ arbeiten sehr unterschiedlich, haben jeweils eigene gesellschaftliche Aufträge und gehen demzufolge mit verschiedenen Nutzenerwartungen an Kooperationen heran – von der Persönlichkeitsentwicklung der Kinder- und Jugendlichen bis zur Gewinnung des Kulturpublikums von morgen. „Die sind alle legitim“, betonte Max Fuchs. Deshalb braucht es „Brückenbauer/innen“ wie die Kulturagenten, die nicht Teil dieser Systeme sind, sondern zwischen ihnen „übersetzen“. Das innovative Kompetenzprofil der Kulturagent/innen zu beschreiben, wird einen der Schwerpunkte der anstehenden Programm-Dokumentation bilden.

Keine additiven Lösungen

Staatsekretär Ludwig Hecke wies darauf hin, dass es das Land NRW überfordern würde, das Kulturagenten-Modell eins zu eins auf die Fläche zu übertragen, schließlich gebe es neben der Kulturellen Bildung noch zahlreiche weitere bildungspolitische Aufgaben. Max Fuchs griff diese Bemerkung auf und sagte, es gehe in der Zukunft auch darum, klar zu machen, dass Themen wie Inklusion, Gesundheitserziehung, Medienbildung usw. „nicht additiv“, sondern im Zusammenhang zu betrachten und zu bearbeiten seien.

Es gelte zu verdeutlichen, dass die Stärkung non-formaler Qualitäten wie Flexibilität, Partizipation, Freiwilligkeit und Freiraum in schulischen Kotexten, die Nutzung kreativer Methoden sowie die Zusammenarbeit in multiprofessionellen Teams keine Mehrbelastung für die Lehrkräfte bedeute, sondern im Gegenteil zu einer Bereicherung und Entlastung führe. Dass Kulturelle Bildung und ihre Methodik kein „Add-on“ für die Schule ist, verdeutlichte auch Prof. Peter Fauser. Sein Vortag zeigte anschaulich, dass letztlich jeder Lernvorgang ein schöpferischer Akt ist.

 

Quelle: BKJ / www.bkj.de/all/artikel/id/7574.html


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