Lebensraum Schule Kunstgeldprojekte gestalten (T)räume!

18. Oktober 2013

Schülerinnen und Schüler verbringen sehr viel Zeit in schulischen Räumen, und das während ihrer wichtigsten Entwicklungsjahre. So wundert es nicht, dass der Raum als „dritter Pädagoge“ in Hamburger Kunstgeldprojekten zunehmend an Bedeutung gewinnt: Auch so halten neue kulturelle Bildungskonzepte Einzug in den Schulalltag. Der Leiter des Hamburger Landesbüros, Stephan Bock, skizziert verschiedene Konzepte und Strategien zur Aneignung und (Mit-)Gestaltung des Lebensraums Schule.

Die vieldimensionale Wirkung des Lebensraumes Schule, in dem Schülerinnen und Schüler sich selbst wahrnehmen und Gestaltungsräume schaffen, steht im Mittelpunkt vieler Kunstgeldanträge der Hamburger Schulnetzwerke. In Zusammenarbeit mit Designern, Künstlern, Architekten, Bühnenbildnern und Theaterregisseuren erforschen und analysieren Schülerinnen und Schüler ihren Lebensraum Schule und gestalten Sitz- und Tischlandschaften, Flure und Aufenthaltsräume, verbinden Schulstandorte durch künstlerische Strategien und nutzen dem Abriss preisgegebene Räume für ein „Kunstprojekt des politisch Unkorrekten“.

Das Thema „Raum“ eignet sich nicht nur zur Implementierung von Bildungskonzepten des forschenden Lernens, sondern auch hervorragend als Partizipationsprojekt – betrifft es doch die unmittelbaren Belange der Schülerinnen und Schüler. Nicht selten gehen von ihnen auch Impulse und Anregungen für die Umgestaltung von Schulräumen aus. So in dem Projekt „WC – die (T)raumforscher“ der Goethe Schule in Hamburg-Harburg. In einer Zukunftswerkstatt wurden die Sanitärräume beforscht. Mit einer Sanitärraumdesignerin gingen die Schülerinnen und Schüler auf Recherche durch die Stadt, deren Ergebnisse in einen collagenartigen Raumentwurf mündeten. Dieser wurde von der Künstlerin in eine 3D-Darstellung am Computer umgewandelt. Daraus entstand ein professionelles Exposé, mit dem die Schülerinnen und Schüler nun auf Sponsorensuche für die erforderlichen Materialien zur künstlerischen Umgestaltung der Sanitärräume gehen.

„Wie sehen gute Orte für die Pausen während eines langen Schultages aus?“ Dieser Frage gehen die Schülerinnen und Schüler einer 6. Klasse der Stadtteilschule Holstenhof/Denksteinweg zusammen mit der bundesweit tätigen Initiative JAS – Jugend-Architektur-Stadt e.V. – in dem Projekt „(K)ein Ort wie dieser“ nach, um die Schule mit künstlerischen Mitteln zu erkunden, Ideen zu entwickeln und Orte (neu) zu gestalten.

In dem Projekt "Flurpark" verwandeln Schülerinnen und Schüler der Stadtteilschule Horn gemeinsam mit dem Künstler und Bühnenbildner Urs Amadeus Ullbrich Flure in Aufenthaltsräume. Sie wollen künstlerisch anspruchsvolle, lebendige und funktionale Flurmöblierung gestalten und so weit wie möglich auch selbst bauen. Über den Zeitraum von einem Schuljahr arbeiten die Schülerinnen und Schüler der Schülerfirma mit dem Künstler an der Neugestaltung des Musikflures.

Im Gesellschafts-Profil des Jahrganges 9 der Stadteilschule Richard Linde Weg wird eine „Gesellschaft der Unkorrekten“ gegründet. Der Hintergrund: Die Schule wird in den Jahren 2013 bis 2014 sukzessive abgerissen. Unter der Leitung des Theaterregisseurs Branko Simic entsteht ein „Kunstprojekt des politisch Unkorrekten.“ Aus dem leeren, unbesetzten Raum wird ein Ort des Unaussprechlichen. Die Schülerinnen und Schüler können hier alles tun und sagen, was ihnen im Alltag verboten ist. Das Projekt beginnt mit einem Akt der Zerstörung: ein Trakt der Schule wird von den Schülern verwüstet – ein quasi angeleiteter Vandalismus. Dieser Auftakt wird filmisch begleitet und in Interviews mit den Schülern reflektiert. Denn in diesem Fall schafft Zerstörung Platz für Neues.

Sich Räume anzueignen, ist auch Ziel des Projektes „Schüler erobern Räume“ der Stadtteilschule Helmuth Hübener. Hier geht es um eine sichtbare Verbindung der beiden Standorte, die Luftlinie nur 200 Meter voneinander entfernt, aber durch eine breite Straße, einen öffentlichen Park und eine verwilderte Freifläche der Schule getrennt sind. In einem ersten Schritt geht es darum, diese Freifläche zu erobern, Zäune einzureißen und unter Anleitung der Kunstvermittler der Hamburger Deichtorhallen sowie weiterer Künstler und Landschaftsarchitekten den Ort neu zu gestalten. Das Projekt wirkt somit auch sichtbar in den Stadtteil hinein.

Für den Journalisten Reinhard Kahl ist „Lernen [...] eine Vorfreude auf die Welt und sich selbst. Kinder sind Entdecker, vor allem, wenn die Umgebung sie herausfordert.“ Kinder und Jugendliche lernen gemäß dieser Maxime nicht „etwas“, sondern wenn sie in Gedanken ihrer Tätigkeit, in diesem Fall der Raumgestaltung, nachgehen. Die Hamburger Schülerinnen und Schüler lernen ihren Lebensraum künstlerisch zu gestalten, der in ihrer Kindheit und Jugendzeit stark von Schule geprägt ist – so gesehen haben sie nicht nur etwas fürs Lebens gelernt, sondern zugleich Kunst und Kultur als essentiellen Bestandteil ihres Lebens erfahren.

 

Kontakt:

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Tel 040 / 72 00 444-51
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