Inhaltlicher Schwerpunkt der Kooperationsarbeit zwischen der Berliner Schule „1. Gemeinschaftsschule Reinickendorf Campus Hannah Höch" und der Kulturinstitution "me Collectors Room Berlin" ist interdisziplinäres Lernen in Partnerschaft zwischen Schule und Kulturpartner im Baukastensystem. Das Thema „Wunderkammer“ bildet die inhaltliche Klammer für fächerübergreifenden Unterricht und interdisziplinäres Lernen in den Kooperationsprojekten. Hier wollen wir uns sowohl auf die im me Collectors Room permanent installierte Wunderkammer mit Objekten aus Renaissance und Barock als auch auf die temporären Ausstellungsprojekte (zeitgenössische Kunst) der Sammlung Olbricht konzentrieren. Wir werden die Geschichte ausgewählter Werke recherchieren, mit fächerrelevanten Inhalten verknüpfen und mit künstlerischen Strategien kreativ erforschen. Die ergebnisoffenen Workshops verstehen sich als Angebot an Schülergruppen, ebenso an den Kulturpartner, den Blick für den jeweils anderen "Lernort" zu schärfen und schulorientierte Formate / Konzepte für eine nachhaltige Zusammenarbeit zwischen Schule und Kulturpartner zu entwickeln.
Die künstlerisch praktische sowie theoretische Auseinandersetzung wird je nach Baustein und Thema unterschiedlich umgesetzt und dokumentiert.
Zusammenfassung der Bausteine
Projektbaustein 1: Bildende Kunst + Wunderkammer
Fokus: Bildende Kunst, Laufzeit: April - August 2012
Die Künstlerin Sabine Fassl hat gemeinsam mit der Klasse JÜL B der Hannah-Höch-Gemeinschaftsschule und der Kunstlehrerin Anne-Katrin Schreyer-Lange eine „moderne“ Wunderkammer erarbeitet. Ausgangspunkte des Projektes bildet die Wunderkammer Olbricht, des me Collectors Room Berlin, die mit über 150 Exponaten aus der Renaissance und Barockzeit zu einer der bedeutendsten Privatsammlungen ihrer Art gehört und damals wie heute die Besucher ins Staunen versetzt. Die Schülerinnen und Schüler haben Objekte aus der Wunderkammer Olbricht ausgewählt, neu interpretiert und mit Verpackungsmaterialien und alltäglichen Utensilien nachgebaut. So wurden aus weggeworfenen und verkratzten Plastikflaschen bunte Jugendstilvasen, aus Strohhalmen und Wattestäbchen fragile Korallenbäume und aus Papier- und Styroporresten schillernde Insekten. Ergänzt wurden diese wundersamen Objekte durch futuristische Roboter und utopische Welten, die damals wie heute unsere Vorstellungskraft beflügeln. Wie wäre es, wenn wir fußläufig das Meer, den Wald, die Stadt, das Dorf, die Tiere und das Shoppingcenter erreichen könnten und ein Roboter unsere Einkäufe, das Putzen und die Hausaufgaben erledigen könnte? So sind viele fantasievolle und eigensinnige Objekte und Wunschwelten entstanden, die mit allen Sinnen zu erleben sind.
Projektbaustein 2: „Schall und Druck – Klang aus der Fläche“
Fokus: Drucktechnik und Klang, Laufzeit: Oktober - Dezember 2012
„Schall und Druck - Klang aus der Fläche“ ist ein Projekt, das sich mit der Wahrnehmung von Flächen und Perspektive, Drucktechnik, Geräusch/Klang sowie Farbe auseinandersetzt und in Zusammenarbeit mit Max Kullmann entwickelt wurde. „Schall und Druck – Klang aus der Fläche“ hat das Ziel, den Schülern verschiedene Druckverfahren der bildenden Kunst, die Wahrnehmung von Flächen, Perspektiven und deren Verknüpfung mit Klang nahezubringen und sie zu einer künstlerisch-kreativen Auseinandersetzung mit diesen Elementen zu motivieren. Dabei stehen die Kinder vor der Aufgabe selbst Drucke zu erschaffen und diese mit Hilfe von eigens erdachten und produzierten Klängen/Geräuschen mit ihren imaginierten Geschichten zu verknüpfen und diese Geschichten so hörbar zu machen. Sie gehen der Frage nach, inwiefern eine Fläche (der Druck) in Kombination mit Klang (Geräuschen) eine Geschichte erzählen und Unsichtbares wahrnehmbar machen kann. Oder anders gesagt – wie kann aus einer zweidimensionalen Fläche ein dreidimensional erlebbares Kunstwerk werden?
Durchgeführt wurde das Projekt mit einer jahrgangsübergreifenden Lerngruppe (JÜL) bestehend aus Schülern der 4/5 und 6. Klassen.
Projektbaustein 3: „Klang(t)räume“ Klang + Architektur + Wunderkammer
Fokus: Musik und Architektur, Laufzeit: März - Mai 2013
„Klang(t)räume“ ist ein Projekt, das sich mit den Themen Klang, Raum und (Kunst-)Objekt auseinandersetzt. Es wurde von dem Architekten und Szenografen für Akustik Max Kullmann konzipiert und hat das Ziel, die Schülerinnen und Schüler für die Wahrnehmung von Klängen, Räumen und (Kunst-)Objekten zu sensibilisieren und sie zu einer künstlerisch-kreativen Auseinandersetzung mit diesen drei Elementen zu motivieren. Neben der Konzentration auf den oftmals vernachlässigten Gehörsinn und der Erfahrungserweiterung im Umgang mit dem Thema Raumwahrnehmung, stehen die Förderung der handwerklich-praktischen und kreativen Fähigkeiten im Vordergrund. Durchgeführt wurde das Projekt mit einer jahrgangsübergreifenden Lerngruppe (JÜL) bestehend aus Schülern der 4/5 und 6. Klassen.
Projektbaustein 4: „Kammerklänge“
Fokus: Werken und Kunst, Laufzeit: Februar - März 2014
Schülerinnen und Schüler einer jahrgangsübergreifenden Lerngruppe (JÜL) haben unter Anleitung von Max Kullmann kleine Klangerzeuger (wundersame Miniatur-Klangmaschinen) - angelehnt an die kuriosen Exponate der Wunderkammer – konstruiert. Nach dem Vorbild von Jean Tinguely und dessen beweglichen Skulpturen wurden Drahtobjekte geformt, die in sich Klang erzeugten. Neben dem Grundmaterial Draht standen den Schülerinnen und Schülern verschiedene, klangerzeugende Materialien (Schrauben, Ösen, dünne Holz- und Plastikstücke etc.) aber auch Motoren und LED-Leuchten zur Verfügung. Die „Klangerzeuger“ wurden auf kleinen Plattformen (Plastikzahnrädern) befestigt und in die Objekte integriert. Angetrieben durch einen Motor, der diese in Bewegung setzte, verwandelten sich die Drahtskulpturen zu maschinenähnlichen Klangkörpern. Das filigrane Arbeiten mit Draht und den verschiedenen „Klangmaterialien“ forderte das handwerkliche sowie technische Geschick der Kinder in hohem Maße heraus und vermittelte ihnen das Verständnis von Stromkreis, Fliehkraft, leitenden und nichtleiten sowie lötfähigen und nicht lötfähigen Materialien.
Projektbaustein 5: „Weltwissen“
Fokus: Naturwissenschaften und Kunst, Laufzeit: Mai - Juli 2014
„Welt-Wissen: Alles bewegt sich“ setzt sich mit den kreativen Verbindungen von Naturwissenschaft/Sachkunde und Kunst auseinander. Mit der jahrgangsübergreifenden Projektgruppe Naturwissenschaft (NaWi) des Campus Hannah Höch wurden die wertvollen, fein gearbeiteten Objekte der „Wunderkammer“ der Sammlung Olbricht, die zu ihrer Zeit das wachsende Wissen um die Welt prunkvoll darstellen sollten, genauer unter die Lupe genommen und in den heutigen NaWi-Unterricht mit seinen Möglichkeiten kreativ überführt. Sorgsam präsentierte, seltene Objekte aus Flora und Fauna (Schlangenhäute, ein Straußenei, der Zahn eines Narwales, Korallen etc.), dienten als Vorlage, den Fundus des zeitgenössischen naturwissenschaftlichen Unterrichts (Globen, Landkarten, Lehrfilme, Modelle, Skelette) auf ästhetische Qualitäten und künstlerische Umsetzungsmöglichkeiten zu hinterfragen und als Collage-Material zu nutzen. In der Projektwoche entstand ein (Animations)-Film, der das Mittel von Kinetik sowie Licht/Schatten genauso nutzte wie die Möglichkeiten der Objekt-Collage. Darüber hinaus gestalteten die Schülerinnen und Schüler eine eigene „Wunderkammer“, in der sich Kunst, Natur und Wissenschaft, das Heute und das Gestern begegnen. So wurde ein großer Bogen gespannt zwischen der früheren Darstellung von Wissen, hin zu der weniger exklusiven, aber umso grundlegenderen heutigen Wissensvermittlung. Der entstandene Film wurde auf dem Schulfest der Hannah-Höch-Schule der interessierten Öffentlichkeit präsentiert, die „Wunderkammer“ ist in einer Dauerausstellung vor dem NaWi-Raum der Schule zu sehen.
Projektbaustein 6: „Zahlen sehen, Zahlen hören, Zahlen bauen“
Fokus: Mathematik und Kunst, Projektstart: September 2014
Seit Pythagoras in der Antike herausgefunden hat, dass Zahlen und ihre Verhältnisse zueinander nicht nur abstrakt mathematisch darstellbar sind oder geometrisch aufschlussreich aussehen, sondern auch harmonisch klingen können, haben sich Mathematiker, Physiker, Musiker, Architekten, Bildhauer, Maler und viele Andere daran gemacht, hinter das Geheimnis der hörbaren Zahlenverhältnisse, hinter die klingende Mathematik, zu kommen und für ihre Arbeit zu nutzen. Nicht nur ästhetisch, wie z.B. in der Anordnung von Fensteröffnungen in Gebäuden der Renaissance lässt sich eine Zahlenharmonie erkennen, auch technisch ist der harmonische Klang immer wieder wichtig gewesen, wie z.B. beim gleichmäßigen Spannen von Katapultsehnen. Dass das Hören von Zahlen keine Esoterik ist, sondern eine weitverbreitete Praxis um mathematische und ästhetische Zusammenhänge zu verdeutlichen und zu kontrollieren, soll der Workshop unter der Leitung des Architekten und Szenografen für Akustik Max Kullmann mit einigen beispielhaften Ausgangsfragen verdeutlichen.