Ein künstlerischer Workshop zum Klang der Stille
There’s no such thing as silence. (John Cage)
Im August, gleich zu Anfang des Schuljahres 2014/15, realisierten die Künstlerinnen Heidrun Schramm und Petra Kübert gemeinsam mit der Jahrgangsstufe 5 der Grünauer Gemeinschaftsschule und in Kooperation mit den Lehrerinnen Frau Arnold und Frau Kamp eine Klanginstallation für die Leseinsel der Schule. Für diese Leseinsel suchten wir sehr ruhige Klänge, die die Zeit dort strukturieren ohne dabei die entspannte Stimmung zu zerstören.
Der Workshop “Lauter Stille” widmete sich der Frage “Wie laut ist Stille?” – die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 5 näherten sich dem Thema über Klänge in ihrer alltäglichen Umgebung. Sie konzentrierten sich auf das, was man hört, wenn es ganz ruhig ist, versuchten dabei selber die Ruhe herzustellen. Dabei half uns das Schlüsselwerk 4'33 von John Cage - sein bekanntestes Stück, in dem ein Pianist in drei Sätzen in der Länge von 4:33 Minuten das Piano nicht spielt. Dafür ist eine Fülle von anderen Klängen zu hören - z.B. Rascheln der Kleidung, Stühle knarren und andere Publikumsgeräusche. Das Stück kann jederzeit aufgeführt werden mit jedem verfügbaren Instrument, welches natürlich nicht gespielt wird, sondern die Wahrnehmung auf die Klänge der Umgebung lenkt.
Wir performten das Stück 4'33 in beiden Schulklassen.Ziel dieser Übung war es, die Hörwahrnehmung auf besondere Klänge zu lenken - wir suchten leichte, zarte Klänge aus dem Schulalltag, die Stille symbolisieren könnten z.B. das Blättern in Büchern, Schreibgeräusche während einer Klassenarbeit, leises heimliches Flüstern im Unterricht. Wir fragten uns, wie es eigentlich in der Schule vor und nach dem Schulalltag klingt. Welche Klänge wünschst du dir in der Leseinsel? Die Schülerinnen und Schüler gaben sich hierzu gegenzeitig Interviews und lernten so die Aufnahmetechnik kennen.
Wir suchten passende neue Klänge für die Leseinsel und nahmen diese mit digitalen Recordern auf. Wir machten Aufnahmen im Schulgebäude und nutzten die Methode des Soundwalks um die Klänge in unserer Umgebung verstärkt und gezielt wahrnehmen zu können. Eine Gruppe machte Aufnahmen von Geräuschen im Wald, eine andere am Hafen. Schnatternde Enten und Schwäne, knarrender Bootssteg - Äste knacken, das Laub raschelte geheimnisvoll. Die sensiblen Mikrofone unserer Recorder zeigten beim späteren gemeinsamen Anhören der Aufnahmen immer wieder, dass es absolut still sein muss, wenn man gezielte Aufnahmen von bestimmten Klängen machen möchte.
Am zweiten Projekttag hörten wir uns alle Audioaufnahmen an und entschieden uns, welche Klänge wir in unserem Soundarchiv haben wollten. Wir sortierten die Klänge: für die Leseinsel wünschen wir uns angenehme Klänge, die nicht erschrecken oder ablenken - denn man sollte sich hier aufs Lesen konzentrieren können. Am Computer lernten die Schülerinnen und Schüler schnell den Umgang mit dem Schnittprogramm Audacity und erstellten ihre ersten eigenen Klangkompositionen für die Leseinsel. Aus den gesammelten leisen Klängen entstanden Klangkompositionen aus denen wir passende Stücke für die Leseinsel aussuchten. Diese ganz entspannte, gemütliche Ecke mit einem kleinen Podest, inspirierte uns, mit Kindern der Schule den Klang der Stille zu erforschen. Die Ergebnisse unserer Klangforschung präsentierten wir auf dem Schulfest der Grünauer Schule.
In der Leseinsel kann man nun zu jeder Viertelstunde leisen Klängen lauschen: Dem Blättern in einem Buch, dem Rascheln vom Wind im Schilf des nahgelegenen Sees, dem Flügelschlag von Vögeln oder dem Schnattern von Schwänen und Enten am knarrenden Bootssteg am Hafen.
Das Projekt von Heidrun Schramm und Petra Kübert wurde im Rahmen des Modellprogramms „Kulturagenten für kreative Schulen“ von der Kulturagentin Carolin Berendts unterstützt. Gefördert durch den Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung.