LABOR NOBEL: Projektdurchführung
# ZwischenRäume
Wer nimmt teil?
Vier Klassen aus dem 7. Jahrgang der Alfred-Nobel-Schule haben sich für das Kooperationsprojekt mit der Kunsthochschule Berlin Weissensee und den Kulturinstitutionen Botanischer Garten, Museum Europäischer Kulturen, Museum Neukölln und KW Institute for Contemporary Art angemeldet.
Je zwei Studierende und zwei Künstlerinnen sowie Künstler* haben gemeinsam mit einer Klasse und ihren Lehrkräften vier Tage lang zum Thema #ZwischenRäume in einer der teilnehmenden Kulturinstitutionen gearbeitet. Am fünften Tag präsentierten sie die Prozesse in der Schulaula in Form einer Ausstellungsinstallation. Hierbei lag der Fokus auf der Präsentation der Prozesse.
Begleitung der Projekte
Christopher Vogl (Kulturbeauftragter), Mona Jas (Professorin Kunsthochschule Berlin Weissensee) und Silke Ballath (Kulturagentin) begleiteten die Projekte in den verschiedenen Etappen des Prozesses (Vorbereitung und Konzeption der Projekte, Begleitung der Durchführung, Reflexion).
Am Ende der Projektwoche entstand in der Aula der Schule eine Ausstellung aller Projekte. Sie wurde mithilfe von Silke Ballath und Frauke Hennigs (Studierende) entwickelt und enthält Reflexionen der Schülerinnen und Schüler zu den Themen. Den Prozess begleitete Christopher Vogl mit einer filmischen Dokumentation.
Zentrale Fragen während der Projektwoche:
- Was unterscheidet diesen Ort von anderen Orten, an denen Du Dich aufhältst?
- Was würdest Du gerne von hier mitnehmen in die Schule
- Was fehlt Dir aus der Schule an diesem Ort?
- Was hast Du bisher hier erlebt?
- Hast Du hier etwas kennengelernt, was Du bisher noch nicht kanntest?
- Was war anders, als Du gedacht hast?
- Was würdest Du gerne noch mal machen?
In dem gleichnamigen Seminar an der Kunsthochschule Berlin Weissensee wurden die Studierenden von Mona Jas und Silke Ballath über den gesamten Projektprozess hinweg begleitet.
Im Anschluss setzten sich alle Akteurinnen und Akteure (Mona Jas, Christopher Vogl, Studierende, Lehrkräfte, Mentorinnen und Mentoren der Institutionen und Silke Ballath) zusammen, um konstruktiv über den Verlauf der Projekte zu reflektieren. Mona Jas konzipierte dafür eigens Reflexionsformate.
Rahmenbedingungen von LABOR NOBEL
Mona Jas, Christopher Vogl und Silke Ballath konzipierten das Projekt LABOR NOBEL inklusive der Kooperationspartner ausgehend von ihren bisherigen Erfahrungen. Mona Jas stellte beispielsweise den ersten Kontakt zum Botanischen Garten, dem Museum Europäischer Kulturen und dem KW Insitute for Contemporary Art her.
Zukunftsmusik
Im Juli 2017 werden vier 8. Klassen im Rahmen von LABOR NOBEL im Botanischen Garten, im Museum Europäischer Kulturen, im KW Institute for Contemporary Art und im Bezirk Neukölln mit je zwei Künstlerinnen und Künstlern und ihren Klassenlehrerinnen und -lehrern zusammenarbeiten.
Präsentation >> LABOR NOBEL #ZwischenRäume
Die Präsentationen von LABOR NOBEL sind ebenfalls als #ZwischenRäume zu verstehen: Dahinter steht die Idee, die unterschiedlichen Prozesse der Projektwoche in der Aula der Schule sichtbar zu machen.
Die Projekte in der Schule zu präsentieren soll den Raum öffnen, um mit- und untereinander die Erfahrungen der Woche zu teilen. Bewegung, Reflexion, sich vor Augen führen, sich austauschen, Erfahrungen zeigen beziehungsweise ausprobieren und vieles andere sollen die Schülerinnen und Schüler erleben. Und so die ZwischenRäume zwischen den Projekten spür- und erlebbar machen.
Projektdokumentation
Kooperationspartner: Museum Europäischer Kulturen
Künstlerinnen: Laura Klatt, Eva Storms
Lehrkräfte: Antonio Accardi, Francesca Locanto
Mentorin: Andrea Ferchland
Titel: Das ist.
Ein Audiowalk im Museum Europäischer Kulturen (MEK)
Wir schreiben unsere eigene(n) Geschichte(n)?
Wir machen Geschichten zu Geschichte!
Wer bist Du individuell? Wie ist Dein Alltagsleben/Lebensraum in Berlin?
Welche Geschichte(n) möchten wir im Museum Europäischer Kulturen sehen, hören, erfahren?
Welcher Art von Geschichte begegnen wir im MEK?
Wie kann eine vielstimmige Perspektive und Geschichts- und Wissensproduktion und Vermittlung sichtbar, hörbar und erlebbar gemacht werden?
Gemeinsam mit der deutsch-italienischen 7. Klasse, der Alfred-Nobel-Schule, Neukölln produzierten wir unsere eigenen Geschichten. Die Schülerinnen und Schüler agierten als Autorinnen und Autoren und Kuratorinnen und Kuratoren der Erzählungen, die sie in Beziehung zu einzelnen Themenschwerpunkten des MEK setzten. Das Erfahrungswissen der Schülerinnen und Schüler – ihre Formen gelebter europäischer Kultur im 21. Jahrhundert – wurde den Besucherinnen und Besuchern in Form eines Audiowalks, der durch die Sammlung des MEK führte, vermittelt.
#Zwischenräume. Die Jugendlichen sind in und durch ihre ganz eigene individuelle Sozialisation und Wahrnehmung in Momenten des DaZwischen. Ihre Einzigartigkeiten und ihre Perspektiven wollten wir empowern und sichtbar machen.
Methodik
Spielerisch näherten wir uns durch mehrschichtige, theaterpädagogische und performative Übungen den Exponaten und entwickelten auf Grund der so gemachten Erfahrungen unsere eigenen Ideen und Geschichten. Die Schülerinnen und Schüler näherten sich skizzenhaft oder in schriftlicher Form ihrer eigenen Sprache und Geschichtsschreibung. Wichtig war uns zunächst ein prozessorientiertes Arbeiten. Alles war erlaubt: Spielen mit Klischees, Übertreibungen, Ironie, Wirklichkeit und Fiktion und vieles andere.
Jede Schülerin und jeder Schüler konnte sich auf seine beziehungsweise ihre ganz eigene individuelle Art und Weise den Themen des Museums nähern oder sich davon entfernen.
Auch der Mut zur Antwortlosigkeit oder Nicht-Sprechen-wollen konnte Teil des Prozesses sein, und war erwünscht. Es wurden anderen Formen des Ausdrucks ge- und erfunden sowie ge- und versucht.
Die entstandenen Geschichten wurden im professionellen Tonstudio der Musikethnologie eingesprochen und im Anschluss gemeinsam mit den Jugendlichen geschnitten. Die fertige Audioarbeit konnte während der Präsentation in der Alfred-Nobel-Schule auf Kopfhörern gehört werden. Darüber hinaus stehen die entstandenen Geschichten auf den Audioguides des MEK den Besucherinnen und Besucher zur Verfügung, um sich dem Museum, seinen Räumen und Erzählungen auf neue Weise zu nähern.
Fragen und Probleme
Welche Rolle spielt die Kulturinstitution?
- Museen sind niemals neutrale Orte. Sie erheben einen vermeintlich objektiven Anspruch der (Wissens)Vermittlung
- Innerhalb eines solchen Systems mit Jugendlichen, andere Form(ate) des Wissens zu platzieren, verorten, ermöglicht sowohl den Jugendlichen ein Gefühl dafür zu bekommen, dass sie eine Mitentscheidung darüber haben, was, wie, wodurch innerhalb einer solchen Institution (re)präsentiert und vermittelt wird.
- Können sie sich mit den Dingen/Erzählungen im MEK identifizieren?
- Was bereichert? Was stört? Was möchten sie viel lieber dort erzählt bekommen?
- Was bedeutet es Europäer beziehungsweise Europäerin zu sein? Wird das im Museum sichtbar?
- Wie setzen sie sich zu den hier erzählten Geschichten ins Verhältnis?
Im Projekt wollen wir die unberührbare Heiligkeit die Museen oft mit sich bringen aufbrechen – ohne ihnen ihre Bedeutung zu nehmen. Das Museum soll innerhalb des Projektes und darüber hinaus ein Ort werden an dem sich Jugendlichen gerne aufhalten und willkommen fühlen.
- Wie finden Jugendliche eine für sie eigene Definition von Kultur und wie können wir gemeinsam mit ihnen das Phänomen Kultur betrachten?
Ausgangspunkt war ihre eigene Lebenswelt, um darüber einen Zusammenhang zu den im Museum ausgestellten Objekten zu entwickeln. Kultur als mitgestaltbar zu vermitteln und auch Museen als einen Ort sichtbar und erlebbar werden zu lassen, wo dies möglich ist – das war eines unserer Ziele.
Kooperationspartner : KW Institute for Contemporary Art
Künstlerinnen: Alexia Manzano, Chryssa Tsampazi
Lehrerin: Klassenlehrerin
Mentorin: Katja Zeidler
Konzept
Ausgangspunkte zu Hanne Lippard: Klang_Installation
Gemeinsam mit einer 7. Klasse wollten wir uns der Klang_Installation der Künstlerin Hanne Lippard in den KW nähern.
In einem erstes Treffen lernten wir (Lehrerin, Künstlerin und Mentorin) uns in den KW kennen, um Ideen für die Projektwoche zu entwickeln und gemeinsam die ersten Grundlagen und thematischen Bezüge für die Projektwoche zu formulieren. Wir wollten performativ mit Körper, Sprache und Raum arbeiten. Assoziative Zugänge sollten die Lautpoesie, Performative Aktionen, Sprache und Performance sein.
Mit dadaistischen Zugängen wollen wir erste Inspirationen mit den Schülerinnen und Schülern sammeln – beispielsweise bei gemeinsamen Spaziergängen in Neukölln und Mitte, die wir mit unterschiedlichen Wahrnehmungsübungen ausstatteten. Körperumrisse dienten als Werkzeug der Selbstbeobachtung und -reflexion. Songtexte wurden gemeinsam verfremdet indem einzelne Wörter aus den individuell gewählten Songtexten durch neue Wörter aus einem gemeinsamen Kontext (Spaziergang) ersetzt wurden, um sie dann aufzunehmen und über die Effekte zu diskutieren.
Ziele
Viele der Schülerinnen und Schüler gehen nicht ins Museum und haben keine Vorstellung davon, was in einem Ausstellungsort alles möglich ist. Die Idee darüber, was Kunst alles sein könnte, reduziert sich bei ihnen auf die Moderne und im Besonderen die Malerei. Wir wollten den Schülerinnen und Schülern zeitgenössische Kunst näher bringen und durch künstlerische Prozesse das Selbstbewusstsein stärken.
Wir entwickelten eine Kombination von Aufwärm-, Körper- und Sprachübungen und unterschiedlichen methodischen Zugängen wie zum Beispiel Interviews, um andere Zugangsweisen zur Kunst zu vermitteln. Die scheinbare Absurdität mancher Übungen brachte eine Verbindung zur Ausstellung sowie dem Dadaismus und der Lautpoesie.
Während der Projektwoche fragten wir uns und die Klasse oft: Kann ich etwas Neues für mich entdecken?
Als schwierig erwies sich die Zusammenarbeit zwischen Lehrerin und uns Künstlerinnen in dem gesamten Prozess.
Kooperationspartner: Museum Neukölln
Künstler/ Künstlerin: Fred Funke, Malu Lücking
Lehrerin: Monika Brexendorff
Mentor: Dr. Udo Gösswald
Konzept
Beide Künstlerinnen und Künstler kommen aus einem Design-Fachbereich. Daher wollten wir uns in dem Projekt mit den Schülerinnen und Schülern mehr auf eine angewandte Kunstform konzentrieren.
Unsere Einstiegsfrage bei der Entwicklung unseres Konzeptes war: Wie schaffen wir es, eine Klasse mit Jugendlichen zu motivieren?
Vorgehensweise
Wir entschieden uns dazu, ein Projekt zu entwickeln bei dem einerseits die Zusammenarbeit eine wichtige Rolle spielt, andererseits jedoch auch jeder für sich ein eigenes Ziel verfolgen kann. Wir wollten den Jugendlichen zeigen, dass in Kunst und Design vieles möglich ist und dass mit einfachen Mitteln jeder etwas Schönes schaffen kann.
Die Nähe zur Schule und somit auch zum Wohnort aller Schülerinnen und Schüler hat das Museum für uns als Institution sehr interessant gemacht. Beim ersten Kennenlernen haben wir festgestellt, dass viele der Schülerinnen und Schüler wenig Wissen über ihren Kiez mitbringen. Als wir die Schülerinnen und Schüler nach ihren Wünschen für die Projektwoche fragten, waren Freizeitaktivitäten klar im Fokus.
Ziel war, den Schülerinnen und Schülern einen Klassenausflug zu ermöglichen, in dem sie sich ihn selbst verdienen.
Während der Projektwoche haben wir die Klasse geteilt, da in kleineren Gruppen eine konzentriertere Arbeitsatmosphäre möglich ist.
Die eine Gruppe hat im Museum Neukölln im Archiv gearbeitet. Sie sichteten Dokumente und Fotos aus früheren Zeiten, kopierten, sammelten und archivierten. Die zweite Gruppe hat in der Zwischenzeit T-Shirts gefärbt. Am nächsten Tag haben wir die Gruppen getauscht.
Am Mittwoch haben wir die selbst gefärbten T-Shirts mit unseren Fotos und Fundstücken aus dem Museum bedruckt. Hierbei standen Partnerarbeit und das "Sich-gegenseitig-helfen" im Mittelpunkt. Einige der T-Shirts wurden sogar verkauft, um einen Ausflug zu finanzieren.
Die Projektwoche verlief sehr gut: Unser Ziel, alle Kinder motiviert zu erleben und Spaß mit ihnen zu haben, haben wir erreicht.
Kooperationspartner: Botanischer Garten
Künstlerinnen und Künstler: Sebastian Pöge, Ariane Bothe, Theresa Bauer
Lehrerin und Lehrer: Alexander Goehl, Katrin Brandt
Mentorin: Patricia Rahemipour
Konzept
Wir wollten mit neuen Kategorisierungsformen, welche aus der subjektiven Wahrnehmung entspringen, den Botanischen Garten entdecken und untersuchen. Jede Künstlerin und jeder Künstler hatte eine Gruppe. Die Gruppen entschieden sich für ein Gewächshaus, in dem sie während der Projektwoche arbeiten wollten. Ihre Funde trugen sie auf einer Plexiglasplatte zusammen (in blauer Farbe). Die daraus entstandene bestehende Welt wurde mittels der eigenen Fantasie in roter Farbe erweitert. Im Laufe der Projektwoche wurde es immer seltener, dass wir uns für Besprechungen im Klassenverband zusammengefunden haben. Die Aufgaben waren sehr offen gestaltet so dass diese die Frage beinhalteten: Wie geht man an eine Aufgabe heran?
Jeden Tag gab es ein Aufwärmspiel, um dem allgemeinen Bewegungsdrang der Jugendlichen entgegenzukommen.
Die Platten ergeben zusammen einen Kubus. Durch zwei verschiedenen Brillen, mit roten und blauen Scheiben, konnten die Betrachter die dokumentierten Orte und die Erfindungen anschauen. Diese 360 Grad-Ansicht mutet wie ein Gewächshäuschen an: ein Glaskasten mit Gewächsen, aus dem man hinausschaut.
Die Platten sind nicht im Kunst-Kontext entstanden, Zeichnungen und Beschreibungen dienten praktisch der Vermittlung der eigenen Konzepte und Ideen der Jugendlichen. Erst im Ausstellungskontext wurde der Kubus zu einem Kunstobjekt.
* Eine Anmerkung zur Schreibweise: Es bestehen heute viele Möglichkeiten der Indikation von Geschlechtervielfalt in der Schriftsprache. Die Autorin des vorliegenden Textes bevorzugt die Verwendung des „*“, das gerade durch die Unterbrechung von Substantiven performative Hinweise auf real existierende Geschlechtervarianz jenseits von Männlichkeiten und Weiblichkeiten produziert. Die "Erschwerung" der Lektüre durch diese Unterbrechungen ist daher intendiert – wie in der kulturellen Bildung geht es auch an dieser Stelle nicht immer zwangsläufig darum, möglichst "einfach" und "freundlich" zu agieren. Da diese Option in der gängigen Schreibweise der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung nicht gegeben ist, möchten die Autorin diesen Absatz als Fussnote einsetzen, um ihre Selbstverständnis zu unterstreichen.