... an den Kulturbeauftragten Christopher Vogl

27. Februar 2017 | Berlin

Warum nimmt Ihre Schule am Programm Kulturagenten für kreative Schulen Berlin teil?

Die Alfred-Nobel-Schule ist eine Sekundarschule ohne Oberstufe mit einem hohen Anteil an Schülerinnen und Schülern, die man mit den klassischen Bildungsstrukturen unseres Schulsystems nicht voll erreichen kann. Um sie umfassender zu fördern, suchen wir andere Wege. Kulturelle Bildung ist für uns ein sinnvoller und nachhaltiger Weg, Kompetenzen zu vermitteln, die unsere Jugendlichen für ihr Leben benötigen. Durch die künstlerische Projektarbeit üben die Schülerinnen und Schüler eigenständiges und offenes Denken und Handeln und können dabei Fähigkeiten einbringen, die sonst nicht abgefragt werden.

Die Arbeit auf diesem Gebiet ist sehr komplex und ohne strukturelle, personelle und auch finanzielle Unterstützung, wie sie das Programm Kulturagenten für kreative Schulen Berlin zur Verfügung stellt, nicht zu bewerkstelligen.

Was hat sich seit Teilnahme am Programm Kulturagenten für kreative Schulen Berlin an Ihrer Schule verändert?

Nach eher vereinzelten, sehr engagierten Kunstprojekten vor unserer Programmteilnahme ist kulturelle Arbeit durch die kompetente Unterstützung der Kulturagentin Silke Ballath und des Kulturagenten Thanassis Kalaitzis fester Bestandteil unseres Schulprofils geworden. Dies wird mehr und mehr von der Schülerschaft und den Lehrkräften erlebt und von vielen geschätzt. Bei uns arbeitet inzwischen eine Vielzahl an Künstlerinnen und Künstlern, die aktiv in der Kunstwelt verankert sind und einen anderen Blick auf das Leben in die Schule hineintragen. So engagieren sich beispielsweise die Performancekünstlerin Chryssa Tsampazi in den Wahlpflichtkursen Theater 7, 8 und 10 oder die Filmemacherinnen Anna Caroline Arndt, Katrin Wiener und der Filmemacher Ralph Etter im Wahlpflichtunterricht (WPU) Film.

Was war das schönste Erlebnis an Ihrer Schule, seit sie am Programm Kulturagenten für kreative Schulen Berlin teilgenommen hat?

Es gibt so viele wunderbare Momente. Ich betreue den WPU Film. Durch die Unterstützung des Programms Kulturagenten für kreative Schulen Berlin ist eine Zusammenarbeit mit Filmemacherinnen und Filmemachern für diesen Kurs initiiert worden. Das bewirkte einen großen Qualitätssprung in den Prozessen und Ergebnissen. Wir haben in den letzten Jahren etliche Erfolge erleben dürfen, wie Preise und Einladungen zu Filmfestivals – sogar zum Schülerfilmfestival nach Würzburg. Ein Teil der Schülerinnen und Schüler war vorher noch nie in einer solch schönen barocken Stadt. Ich sah die Begeisterung in ihren Augen, als sie von der Festung über die Weinberge auf die Stadt herunterblickten. Das sind die ganz besonderen Momente.

Was zeichnet Ihre Schule aus?

Kulturelle Projekte haben bei uns einen selbstverständlichen Platz im Schulleben und es gibt ein reichhaltiges Angebot. Jede Schülerin und jeder Schüler nimmt in der 7. und 8. Klasse an einer kulturellen Projektwoche teil. Falls sich ein Schüler oder eine Schülerin langfristig dafür interessiert, können sie künftig neben den zwei Wochenstunden regulärem Kunst- und Musikunterricht bis zu zehn weitere Stunden kreativ arbeiten.

Ein Beispiel für eine Siebtklässlerin oder einen Siebtklässler: Wahlpflichtkurs Film 4 Wochenstunden (WS), zwei Stunden beispielsweise Percussion und Textildesign, im Mittagsband: 2 WS AG Kunst und Museum im Museum Neukölln, 2 WS Projekt „express yourself“.

Auch die Lehrerinnen und Lehrer werden inzwischen durch das LABOR NOBEL umfassend bei der Projektwochenkonzeption von der Kulturagentin, dem Kulturbeauftragten und den Künstlerinnen und Künstlern durch Workshops und andere Formen begleitet und fortgebildet.

Mit welchen Kulturinstitutionen und Künstlerinnen und Künstlern planen Sie, zusammenzuarbeiten, und wo wollen Sie mit Ihrer Arbeit Schwerpunkte setzen?

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Schule nach außen zu öffnen und neue Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen. Durch die Projektwochen in den Kulturinstitutionen lernen die Schülerinnen und Schüler und die Lehrerschaft sie nicht ausschließlich als Event-, sondern auch als Arbeitsort kennen. Wir sind langfristige Kooperationen mit Kulturinstitutionen eingegangen, mit denen wir unter anderem die Projektwochen durchführen. Dazu gehören das Museum Neukölln, der Martin-Gropius-Bau, das Museum Europäischer Kulturen, die KW (Kunst-Werke BerlinKW Institute for Contemporary Art). Im Moment planen wir eine Zusammenarbeit mit District Berlin, deren offener Ansatz uns als sehr spannend erscheint. Insbesondere durch die Kooperation LABOR NOBEL mit der Weißensee Kunsthochschule Berlin versprechen wir uns den Aufbau von Strukturen, die den Lehrerinnen und Lehrern helfen, mit ihren Klassen Kunstprojekte zu entwickeln und von ihnen zu profitieren.

Was haben Sie in der vierjährigen Modellphase Kulturagenten für kreative Schulen gelernt und welche wichtigen Erkenntnisse nehmen Sie mit in die Transferphase?

Ich habe durch die Arbeit mit der Kulturagentin Silke Ballath und dem Kulturagenten Thanassis Kalaitzis zwei verschiedene Arbeitsweisen kennenlernen dürfen. Dadurch und durch zahlreiche Fortbildungen habe ich umfassende Kompetenzen in den Bereichen Projektarbeit, Moderation, Kommunikation, Organisation, Öffentlichkeitsarbeit und Drittmittelakquise vermittelt bekommen. Die zentrale Erkenntnis für mich ist, dass es wichtig ist, die Kulturelle Bildung in den Strukturen der Schule nachhaltig zu verankern und nicht von einzelnen Personen, sondern von Funktionen (in diesem Fall der des Kulturbeauftragten) abhängig zu machen. Außerdem ist mir bewusst geworden, wie wichtig langfristige und gut gepflegte Kooperationen mit Institutionen und Künstlerinnen und Künstlern sind.